Life is a Circus!


Choreographie: Monica Opsahl
Musik: Peter Glas, Harald Wenz
Dauer: 80 Minuten
Premiere: 18.11.2017

Eine Choreographie frei nach dem Gedicht "Das Karussel - Jardin de Luxemburg" von Rainer Maria Rilke (1906).

Im stetigen Drehen und Ausbalancieren entsteht und vergeht die Geschichte des Lebens...

LIFE IS A CIRCUS!


"Und dann und wann ein weißer Elefant..."



Im Rahmen der Kulturwerkwoche 2017 unter dem Motto "Das wär' ja gelacht!" lässt sich Monica Opsahl von Rainer Maria Rilke und seinem Gedicht "Das Karussell - Jardin de Luxemburg" (1906) inspirieren 

Trotz des Schwindels, der Unmacht und Verlorenheit, die ihr angesichts der Aktualität des "großen Weltzirkus" begegnen, spürt die Choreographin Lust zu Wirken und zu Bewegen.

Wenn Worte fallen, beginnt das Spiel, dreht sich der Karussell, dreht sich die Welt. Wir springen auf und lassen uns auf dem Rücken des bunten Pferdes fort tragen. Ein roter Löwe springt in die Manege, ein Hirsch im täuschend echten Wald... und dann und wann ein weißer Elefant.


Im Drehen und Ausbalancieren entsteht und vergeht die Geschichte des Lebens. Die Sehnsucht nach dem Karussell und dem Zirkus und allem, was sie verkörpern, ist gegenwärtig. Als Symbol für Erinnerungen an Kindertage, als Ausdruck des Wunsches nach Ausgelassenheit, Lebensfreude und Unbeschwertheit. Ein Verschwinden der Außenwelt...

Vieles im Leben geht auf und ab - wie das Karussell. Man dreht sich oftmals im Kreis - als sei das Leben ein Zirkus. Manchmal macht es uns schwindlich. So mancher Stopp lässt uns unverhofft zurück - wie die Realtät hinter der nostalgischen Fassade.


Ein Karussell findet immer wieder zurück zum Anfang - das Leben nicht. Die raue Brutalität herrscht. Wozu lacht der Clown noch?


"Sucht euch einen anderen Clown, ich suche mir ein anderen Zirkus", sagte Oleg Popow vor seinem Tod.

Doch wir haben einen Vorteil: ein Neubeginn ist möglich, ein Ausbrechen aus sich wiederholendenden Mustern. Wir können Chancen nutzen - anders als das Karussell.



Der Zirkus ist da! Spüre den Clown! Nur wenige haben den Mut dazu. Die Löwen erobern die Manege. Verzweifelt rennst du auf den Ausgang zu. Hinaus. Kein buntes Pferd dreht sich mehr. Life is a circus.

"....und dann und wann ein weißer Elefant!"


So beginnt Rainer Maria Rilkes berühmtes Gedicht über den Zauber des Karussellfahrens. Als er es 1906 zu Papier brachte, waren Karussells in ganz Europa en vogue. Heute gehört das Gedicht zur Schullektüre und steht für die Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft.

"Nur wer seine Vergangenheit kennt, kann auch die eigene Zukunft gestalten", sagte Johann Wolfgang von Goethe.

Ist es nicht die Sehnsucht nach diesem Glücksgefühl, welche uns aufs Karussell springen lässt? Die Erfindung des Drehschwungs - wir setzen die Wirklichkeit für einige Umdrehungen aus. Wenn wir uns den Weltzirkus von heute anschauen, kann es uns schwindlig werden. Der Wunsch, eine Runde auszusetzen, meldet sich! Zirkusreife Vorstellungen erzeugen nicht immer Jubel in der Manege des Lebens.


‚Liegt es daran, dass kaum etwas so aus der Zeit gefallen zu sein scheint, wie ein Karussell? Kinder spielen mit dem Tablet, kaum dass sie zwei Jahre alt sind. Mit acht haben sie ein eigenes Handy und eine Konsole. In Freizeitparks sind Attraktionen nur dann cool, wenn mindestens 3G auf den Körper wirken.

Keine bunten Pferde!

Die Tatsache, dass Kinder auch heute noch Spaß daran haben, auf dem Rücken von bunten Pferden zu sitzen und langsam zu Spieluhrmusik im Kreis zu fahren, ist eigentlich rührend. Aber wird das so bleiben?


"Und das geht hin und eilt sich, dass es endet, und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel... und manches Mal ein Lächeln… verschwendet an dieses atemlose, blinde Spiel…“

So endet Rilkes Gedicht.   

"Mit einem Dach und seinem Schatten dreht sich eine kleine Weile der Bestand von bunten Pferden... und dann und wann ein weißer Elefant"


"Nun steigen sie aus: erst er, dann sie, dann du..."


"Und es geht und eilt sich, das es endet, und kreist und dreht sich und hat kein Ziel... als dieses atemlose blinde Spiel..."


MONICA OPSAHL ÜBER IHRE ARBEIT MIT RILKES GEDICHT:

"Als Choreographin versuche ich, durch Bilder und Körpersprache eine Botschaft zu kreieren. Ich recherchiere und assoziiere. Ich bin neugierig. Ich spüre und fühle. Mit scharfem Blick und offenem Sinn stürze ich mich ins Thema hinein. Was macht es mit mir? Wieso bewegt es mich? Ich versuche, authentisch zu sein, auch wenn es sich nicht "schön" anfühlt. Jene, die meine choreographischen Arbeiten kennen, wissen, dass ich keine „Übersüßung der Welt“ mag. Wir sind alle Clowns, aber nur wenige haben den Mut, es zu zeigen. "Nur wer erwachsen wird und ein Kind bleibt, ist ein Mensch" - so Erich Kästner. Hier ist sie wieder – die Suche nach der Kindheit, welche Rilke so poetisch-grotesk zu beschreiben wusste.... Ich fing an, mir Gedanken zu machen, über bunte Pferden, die majestätisch im Kreis reiten - und spürte Trauer. Eigentlich bin ich nicht besonders sentimental – eher ist es ein gewisser Grundzynismus als Choreographin. Ich suche nach Antworten. Ich kann es nicht beschreiben. Ich muss es tanzen."

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